EDU001 Mit digitalen Medien die Schule transformieren – ein Besuch in der School 21 in London

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Jöran Muuß-Merholz

Jöran spricht in der ersten Folge von edukativ.fm mit Tommy Ittu, Leader of New Technology & Assessment an der School 21 in London. Es ist eine Schule, mit 75 Schüler*innen pro Jahrgang, die von der Grundschule bis zum Schulabschluss führt. Die School 21 richtet sich konsequent an Lernzielen für das 21. Jahrhundert aus (21. Century Skills) und setzt dabei konsequent digitale Medien ein. In ihren eigenen Worten: „An innovative school, doing things differently for the 21st century.“

Lernziel Oracy

Tommy Ittu ist überzeugt, dass die 2014 als staatliche Schule gegründete School 21 erfolgreich ist, weil sie sich konsequent an drei Grundprinzipien ausrichtet: Sprechfähigkeit (oracy), Projektlernen und Wohlbefinden. Ittu und seine Kollegen sind davon überzeugt, dass Sprechfähigkeit ebenso wichtig ist wie Lesen und Schreiben. Sie haben ein Curriculum entwickelt, dass die Schüler*innen befähigt, sich in allen Situationen angemessen und zielorientiert ausdrücken zu können. Eine Fähigkeit, die besonders in Teamarbeit sehr wertvoll ist. Die produktive Zusammenarbeit an Projekten ist ein Grundpfeiler des Unterrichts, der das zweite Prinzip der School 21 begründet. Projekt-basiertes Lernen meint hier, dass die Schüler*innen sich an der Realität messen lassen. Alle Schulprojekte finden mit Anbindung an das „echte Leben“ und unter Einbeziehung von Expert*innen von Außerhalb statt. Anders als so häufig in Schulprojekten, wo Projektergebnisse in Ordnern oder Schultaschen verschwinden, gibt es hier ein wirkliches Zielpublikum, auf deren Bedürfnisse hin gearbeitet wird. Teil des Lernprozesses ist es, Produkte so lange zu überarbeiten, bis das Ergebnis stimmig ist und sich nicht mit dem Ungefähren zufrieden zu geben.

Lernziel well being

Das dritte Prinzip, an der sich die Arbeit von Tommy Ittu und seinen Kollegen ausrichtet, ist das Wohlbefinden (well being) der Schüler*innen. Sie werden in kleinen Coachingruppen und Einzelgesprächen betreut. Das Ziel ist es, eine kreative und offene Atmosphäre zu schaffen, in der die Kinder und Jugendlichen Lernerfolge und Scheitern erleben und daran wachsen können.

Digitalisierung ist Transformation

Digitalisierung spielt im Schulalltag eine bedeutende Rolle. Die Schüler*innen sind mit iPads ausgestattet, die von allen Eltern (mit)finanziert werden, auch wenn mehr als die Hälfte der Schüler*innen aus sozial benachteiligten Familien kommen.  Neben den iPads gibt es Laptops und stationäre Rechner, die nach Bedarf genutzt werden können. „Für die meisten Anwendungsfälle ist ein iPad vollkommen ausreichend”, berichtet Ittu. Ihm und seinen Kollegen ist es wichtig, Digitalisierung nicht nur als Ersatz oder Ergänzung des traditionellen Lernens zu begreifen. „Wir fragen uns ständig, wie machen wir das? Und entwickeln neue Ansätze“, so Ittu. Ein Beispiel ist Feedback, das den Schüler*innen als Audio- oder Videoaufzeichnung gegeben wird.

Die Schule folgt dem SAMR-Modell, das von entwickelt wurde. Die Schritte umfassen vier Punkte auf dem Weg zu einer digitalen Transformation des Lernens. Es handelt sich dabei um einen evolutionären Prozess.

Digitale Kommunikation mit Eltern

Ein Beispiel aus School 21 ist der Ersatz analoger durch digitale Technologie, wie er in der Umstellung von Elternpost auf Elternemails stattgefunden hat. Die Erweiterung ist der nächste Schritt im SAMR-Modell. Konkret hat sie sich in der Anwendung von SMS in der Elternkommunikation ausgedrückt. Aktuell arbeite die Schule gerade an der Entwicklung einer App, mit der die Kommunikation Schule – Eltern über Smartphones erfolgen kann, berichtet Ittu. Das senke die Kosten und sei für alle beteiligten effizienter. So wird die Kommunikation zwischen Eltern und Schule im Vergleich zum Ausgangszustand modifiziert – der dritte Schritt im SAMR-Modell. Die kompletten Transformation des Vorgangs ist zeichnet sich am Horizont ab und ist beeinflusst von technologischen und gesellschaftlichen Entwicklungen.

Auf dem Weg zu einer digitalen Didaktik

Die ständige Überprüfung von Verfahrensweisen gehört zum Alltag des Kollegiums an der School 21 und erstreckt sich auf alle Bereiche, natürlich auch auf die Unterrichtspraxis:

„Was wir wirklich anstreben, ist eine Neudefinition, wo wir Didaktik verändern, wo wir Didaktik auf digitalen Technologien aufbauen, so dass sie nicht nur Ergänzungen sind. Sie [die digitale Technologie] ist sprichwörtlich der Kern unseres Lehrens und Lernens.“ (“Where we really want to go is redefinition, where we can change pedagogy, we can create pedagogies based on digital technologies so it’s not an addon any more. It’s literally at the heart of our teaching and learning.“)

 

Erwähnte Links:

PS: Danke für die Mitarbeit!

Die meisten Fragen aus dem Interview wurden übrigens vorher hier im Blog gesammelt – Danke dafür! Außerdem geht ein Danke an die Konsorten, die an der (langen) Entstehungsgeschichte des Podcasts und dieses Textes beteiligt waren: Ralf, Melanie, Sonja und Matthias.

  1. Das Ergebnis eines Curriculum, „dass die Schüler*innen befähigt, sich in allen Situationen angemessen und zielorientiert ausdrücken zu können“, klingt für mich ein bisschen nach „absolut sicherem Auftreten trotz vollkommener Ahnungslosigkeit“ in jeder Gelegenheit.

  2. Florian Amon

    Danke für den spannenden Beitrag, der insbesondere auch den Technikfokus mit den anderen Schwerpunkten der Schule schön in Verbindung setzt.
    Gerade bei projektorientierten Ansätzen finde ich den Einbezug realer Akteure wichtig und äußerst gewinnbringend, aber im Alltag auch herausfordernd. Tommy hat hier imho ein paar interessante Ideen zur Umsetzung erläutert..

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